Donnerstag, 3. November 2016

Luna

Sie kniete vor ihm. Der Mond stand schon lange am Himmel und schaute auf sie herunter. Was genau geschehen war, wussten wohl nur die beiden. Sie und er. Und der Mond. Wahrscheinlich war auch er Zeuge des heutigen Ereignisses geworden.
Es hatte wohl niemand damit gerechnet, dass sie als Siegerin hervortreten würde. Siegerin eines widerlichen Wettstreits. Und dennoch hatte sie wohl den höhsten Preis zahlen müssen. Die Zuschauer waren schon lange verschwunden. Doch sie hatte sich nicht bewegt. Nicht, seit sie gewonnen hatte. Aber sie fühlte sich nicht wie eine Siegerin. Sie fühlte gar nichts. Sie sah ihn einfach nur an. Fühlte nichts. Nicht mehr. Mit dem Sieg gewann sie auch das Nichts. Vielleicht würde es ja ewig anhalten.
Er lag reglos auf dem Rücken und starrte mit leeren Augen in den Himmel. Früher sprühten seine Augen nur so vor Leben. Für mich war immer klar gewesen, dass er als Sieger hervorgehen würde. In gewisser Weise hatte er gewonnen. Er war jetzt frei und musste sich nicht mehr den Launen anderer antun. Einen Teil von mir hatte er mit in die Freiheit genommen.
Ich hatte gewonnen. Nun war ich nicht nur die Siegerin, sondern würde ab jetzt auch ihre "Luna" sein. Ihre Königin. Die Herrscherin über alle 16 Länder. Nach dieser Nacht würde ich jeden Befehligen und niemand kann mir je wieder Befehle erteilen. Für dieses Spiel würden sie bezahlen. Sie würden den selben Preis bezahlen wie die Mitspieler. Den selben Preis, wie er ihn zahlen musste. Und auch dann würde ich nichts spüren. Mit meinem Sieg und dem Titel hatte ich mir versprochen, die Toten zu ehren, indem ich mich nicht länger von Gefühlen in die Irre leiten zu lassen würde.
Jetzt war ich "Luna" und sie würden niederknien müssen.

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