Dienstag, 26. Dezember 2017

Geburtstage feiert man anders

Es war der Geburtstag meines Onkels gewesen. Wir haben mit der Familie bei ihm gefeiert und es wurde viel gelacht und Geschichten erzählt, wie es in der Jugend meines Vaters und seines Bruders war. Später am Abend, nachdem fast alle gegangen waren - eigentlich waren nur noch mein Vater und ich übrig gewesen - und der Alkohol Pegel gestiegen war, wurden die lustigen Geschichten immer ernster. Auch ich wurde immer müder und ernster und wollte nur noch nach Hause. Aber ich war noch sehr jung, kaum vierzehn Jahre alt und hatte Angst allein im Dunkeln nach Haus zu gehen, da es auch nicht unbedingt um die Ecke lag. Also begann ich zu nörgeln und zu jammern. Ich wollte Heim und ich war müde. Doch mein Vater ließ sich nicht beirrend und erzählte eine Geschichte nach der nächsten. Dann erzählte er uns eine Geschichte aus Frankreich, wie er und sein Freund sich dort verirrt hatten und sie dort nach den Weg fragen mussten. Sie hatten Ablehnung verfahren, Angst und Hass. Einer von den Einwohnern hatte ihnen eine Mistgabel unter das Kinn gedrückt und sie wild beschimpft, dass sie sofort verschwinden sollten, ansonsten würde er sie auf seine Mistgabel spießen. Mein Vater, der vorher schon das eine oder andere Bier getrunken hatte und auch den einen oder anderen Schnaps getrunken hatte, war wild am gestikulieren und demonstrierte ganz deutlich mit seinen Fingern, wie sich die Mistgabel abgefühlt hatte, nur dass er es an mir demonstrierte.
Seine Finger bohrten sich in meine Kehle, tiefer und immer tiefer, sodass ich kaum noch Luft bekam. Er schrie mich an, wie es der Franzose bei ihm getan hatte und erklärte mir, wie tief sich die Zinken in seinen Hals gebohrt haben und dass er keine Luft mehr bekam, so als würde ihn jemand die Kehle zudrücken.
"So hat sich das abgefühlt!", sagte er und seine Finger schlossen sich fest um meinen Hals. Jetzt bekam ich wirklich keine Luft mehr und Angst stieg in mir auf. Ein Teil von mir bekam Todesangst, wusste, dass ich hier nicht alleine aus der Situation kommen konnte und ein anderer Teil war sich sicher, dass mein Vater es nicht so weit kommen lassen würde. Es führte beide Teile einen Kampf und  auch mein Körper kämpfte. Der Instinkt übernahm und ich zog und riss an seinem Arm. Tränen liefen mir über mein Gesicht und ich verstand einfach nicht, dass er meine Angst nicht bemerken konnte - nicht sehen konnte!
Irgendwann - ich hatte kein Gespür mehr für die Zeit - griff mein Onkel ein riss meinen Vater von mir weg, schrie ihn an ob er noch ganz dicht sei mir so eine Angst einzujagen. Doch der erwiderte lediglich, dass ich mich freuen sollte, dass mir so etwas nicht mehr passieren würde.

Heute verstehe ich, dass es meinem Vater nicht bewusst war. Er hätte mich wahrscheinlich in seinem Wahn erwürgt, wenn mein Onkel nicht eingegriffen hätte und diese Situation beendet hätte. Für mich ist damals der erste Stein ins Rollen geraten, aber erst jetzt habe ich wirklich begriffen, dass es mehr Glück war als die Liebe eines Vaters.

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